Interview mit Akira Toriyama der Zeitung Asahi Shimbun von 2013

Beitrag von Matt @matt@mtyp.in

Am 30. März 2013 veröffentlichte Asahi Shimbun Digital zum japanischen Kinostart des Anime-Films Dragon Ball Z: Battle of Gods ein Exklusivinterview mit Akira Toriyama, in dem dieser auch den Realfilm aus dem Jahr 2009, Dragonball: Evolution, anspricht:

Bei der Produktion des neuesten Kinofilms haben Sie, Toriyama-san, zum ersten Mal am Schreibprozess des Drehbuchs teilgenommen. Was ist der Grund dafür? Gab es etwas, das ihnen auffiel, als Sie die Arbeit nach so langer Zeit wieder zu Gesicht bekamen?
Mir wurde von einem Dragon Ball-Projekt, dem ersten animierten Film seit Langem, erzählt, und so las ich den Story-Entwurf. Einerseits waren die Wesen "Beerus, der Gott der Zerstörung" und "Super Saiyajin God" (der über dem Super Saiyajin steht) interessant, aber andererseits waren die Themen zu bedrückend und ich fühlte, dass die Welt sich etwas von Dragon Ball unterschied. Ich dachte, dass es schneller gehen würde, wenn ich sie nicht auf dieses oder jenes problematische Detail aufmerksam machte, sondern ich es einfach konkret aufschreiben würde, und obwohl ich vorhatte, ihnen nur eine Vorlage―"zum Beispiel"―zu geben, wollte meine Hand nicht aufhören, und so schrieb ich am Ende fast alles, sogar die Dialoge. Rückblickend betrachtet war das dem Drehbuchautor gegenüber fürchterlich unhöflich. 

Die [Manga-]Serie (in der Weekly Shōnen Jump) lag schon einige Zeit zurück, also gab es einige Passagen, die ich vergessen hatte, aber als ich durch die Seiten meines eigenen Mangas, den ich selbst kaum lese, blätterte, konnte ich sein Gefühl sofort zurückgewinnen, so wie man es von dem originalen Schöpfer erwarten würde.

Auch zu der Zeit des Hollywood-Kinofilms, dem Dragon Ball-Realfilm, fehlte dem Drehbuch das Gefühl für die Welt und ihre Eigenheiten, und darüber hinaus konnte ich seine herkömmlichen Inhalte nicht interessant finden, also warnte ich sie und schlug Änderungen vor, aber trotzdem hatten sie eine merkwürdige Selbstsicherheit und hörten nicht wirklich auf mich. Was am Ende herauskam, war ein Kinofilm, den ich nicht wirklich als Dragon Ball, der meine Erwartungen erfüllt hat, bezeichnen konnte.1

Es gab Stellen, an denen ich etwas Rückgrat beweisen wollte, mit einer Welt und Geschichte, die sich nur der Schöpfer ausmalen konnte.

In welchen Bereichen erweiterten Sie die Vorschläge zu Beerus' Konzept, zu dem die Gier nach Essen und ein katzenähnliches Aussehen zählen? Worauf basiert Beerus' Name?
Beerus, der Gott der Zerstörung, war in dem Story-Entwurf der mir zu Beginn gezeigt worden ist, aber Dinge, wie der Charakter-Entwurf, wurden von mir komplett geändert. Dazu zählt auch seine Gier nach Essen mit der ich einen amüsanten Kontrast bei diesem Wesen, das Gott der Zerstörung genannt wird, erreichen wollte. Was sein Äußeres betrifft, suchte ich nach einem Muster, das ich noch nicht für einen Gegner in der Vergangenheit gezeichnet hatte. Die Familienkatze fiel mir ins Auge, und so dachte ich, dass ich sie nehmen könnte. (Sie ist eine Cornish Rex. Eine ziemlich seltene Katzenrasse, die in Japan nicht beliebt ist.)

Den Namen Beerus übernahm ich unverändert aus dem Story-Entwurf. Jedenfalls basiert der Name offensichtlich auf "Virus", ich dachte fälschlicherweise aber, er würde von "Beer" ("Bier") kommen, und gab seinem Begleiter den Namen "Whis", den ich von "Whiskey" ableitete. (Shueishas zusätzliche Erklärung lautet, dass "Beers" von "Beer" und "Whis" von "Whiskey" kommt.)

Er kämpft gegen immer stärker werdende Gegner, also denke ich, dass es auch schwieriger wird, die Kämpfe darzustellen. Wie denken Sie sich Mittel aus um zu zeigen, dass er gegen den "mächtigsten Feind" gekämpft hat?
Ich habe bereits in der Vergangenheit jede Art von Kampfszene gezeichnet, also waren mir die Muster, um ehrlich zu sein, schon damals fast ausgegangen.

Dieses Mal war [das Mittel] hauptsächlich die Stimmung von "Gott gegen Gott" während einem schweren Schlagabtausch auszudrücken, aber die anderen mit Geschwindigkeitsgefühl überströmten Kampfszenen überließ ich der Anime-Crew. Ich bewundere, wie dank ihnen eine wundervollen Kampfszene der anderen folgt: "Genau, wie ich es von ihnen erwartet habe!"

Sie schrieben ein paar komödiantische Szenen, in denen die Neben-Schurken Pilaf & Co. auftauchen. Wie erreichen Sie eine Balance zwischen Lachern und heftigen Kämpfen? Achten Sie auf den Unterschied zwischen Comedy und Kampf, wenn Sie ein Werk "unterhaltsam" machen?
Ich glaube, dass durch die Kombination von Comedy und ernsthaften Kämpfen alle beide noch lebendiger gemacht werden können. Ich persönlich zeichne aber viel lieber dumme Witze als Kampfszenen.

Toriyama-san, es scheint als würden Sie nicht denken, dass ihr Manga eine allzu große Botschaft übermittelt. Warum ist das so?
Ich glaube, die Aufgabe meiner Manga ist es, ausschließlich Unterhaltung zu sein. So lange ich es [dem Leser] ermöglichen kann, ein Mal eine angenehme Zeit zu haben, ist es mir sogar egal, wenn davon nichts im Gedächtnis hängen bleibt, also habe ich nie verzweifelt mit dem Gedanken, eine Botschaft übermitteln zu müssen, gezeichnet.

Botschaften und berührende Szenen sind Dinge, die bereits andere Mangaka gezeichnet haben.

Ich habe in einem vergangenem Interview mit Ihnen gelesen, dass Ihnen der Teil der Dragon Ball-Serie in dem Piccolo Daimaō auftaucht gefallen hat. Warum ist das so? Wenn Sie noch einmal zurückblicken, welcher Zeitpunkt der Serie gefällt Ihnen dann am besten?

Es machte mir Spaß Piccolo Daimaō zu zeichnen, weil ich bis zu diesem Punkt immer wieder etwas Comedy-Manga einstreute, und, obwohl es Bösewichte gab, hatten diese immer noch witzige Elemente an sich. Ich hatte noch nie zuvor jemanden gezeichnet, der so bösartig war, also fühlte es sich sehr frisch und neu an.

Ich denke, dass von diesem Zeitpunkt an die Richtung des Dragon Ball-Mangas feststand.

Die [Manga-]Serie war ein Epos, der sich über einen Zeitraum von über 10 Jahren erstreckte. Gab es irgendeine Form von Regelwerk, für das Sie sich beim Zeichnen entschieden?
Ich würde nicht so weit gehen, es eine Regel zu nennen, aber Deadlines waren etwas, an das ich mich kompromisslos gehalten habe. Das war so, weil ich zuvor als Designer in einer kleinen Werbeagentur gearbeitet hatte, und dort aus erster Hand erfahren habe, wie vielen Leuten es Probleme bereiten würde, wenn ich die Deadline auch nur ein kleines bisschen überschreiten würde. 

Haben Sie den Schwerpunkt von der anfänglichen Reise in den Westen-ähnlichen Abenteuergeschichte zu Kämpfen [bei Gelegenheiten] wie dem Tenkaichi Budōkai verlegt, weil Sie dachten, dass dies mehr zu einem Shōnen-Manga passen würde?
Mit einer Abenteuergeschichte konnte ich die Handlung zwar in jede mir passende Richtung lenken, auf der anderen Seite war sie aber überhaupt nicht beliebt. Mit dem Gedanken "Auf diese Art von Manga wartet ihr doch alle, oder?" verlegte ich den Fokus auf das Kämpfen, und die Geschichte wurde sofort beliebt. Diese Strategie war zu erfolgreich, und ich weiß noch, dass mich das selbst überraschte.

Mit riesigen Gegnern, wie Freeza oder Majin Buu, in Aussicht trainiert Goku immer weiter und wird stärker. [In Dragon Ball] werden das physische Wachstum und der Verlauf der Zeit dargestellt, aber "menschliche Dramen", wie Romanzen, kommen nicht besonders häufig vor. Haben Sie für diesen Bereich eine Art Regelwerk? Dachten Sie, es würde nicht [zu Ihnen/zu der Geschichte] passen?
Der Grund ist einfach der, dass ich Romantik nicht gut ausdrücken kann. Genauso wenig kann ich ein nettes, liebenswürdiges Mädchen zeichnen. Das wird oft falsch verstanden, aber ich bin auch was vorbildliche Inhalte angeht schlecht. Es mag auf den ersten Blick vielleicht vorbildlich wirken, aber tatsächlich ist es schädlich.

Zu Beginn gab es unanständige Inhalte, wie die Situationen zwischen Kame-Sennin ("dem Herrn der Schildkröten") und Bulma, aber ich meine, dass mit dem Voranschreiten der Geschichte die Ernsthaftigkeit zunahm (Comedy-Elemente wurden seltener). Hatten Sie einen Sinneswandel oder Ähnliches während Sie mit der Serie fortfuhren? 
Das liegt auch nur daran, dass mit dieser Entwicklung der Geschichte kein Platz mehr für das Zeichnen von unanständigen Dingen frei war.

Ich konnte aber trotzdem zumindest noch weiterhin dumme Witze in die Lücken während der Kämpfe quetschen. Bis zu dem Punkt, an dem ich die Geduld zum Zeichnen der Kampfszenen nur wegen diesen kleinen Witzen aufbringen konnte.

Wie kamen Sie auf die Idee, Soundeffekte aus den Kanten der Manga-Panels herausragen zu lassen?
Das ist nichts, was ich besonders bewusst gemacht habe. Es soll nur irgendwie ausdrücken, dass der Sound so kraftvoll ist. Ich hatte nicht viele (andere) Manga gelesen, also weiß ich es nicht wirklich, aber ich denke, dass diese Technik wahrscheinlich schon vorher existiert hat?

Um die Bewegungen eines Kampfes zu zeigen, setzten Sie den Wechsel zwischen Nah- und Fernaufnahmen wirkungsvoll ein. Welche Vorteile bietet dieser Effekt?
Wenn ich nur Nahaufnahmen zeichnen würde, würde es auch schwierig werden zu verstehen, was sie wo machen. Also habe ich es, nicht nur bei Kämpfen, sondern im Allgemeinen, bewusst so gezeichnet, dass ich, so oft wie möglich, mindestens ein Panel pro Seite, das eine Totale darstellt, hinbekomme. Durch die Darstellung variierender Größen werden auch die Nahaufnahmen lebendiger.

Sie benutzten nicht nur künstliche Menschen, sondern auch viele Tier-ähnliche Charaktere. Wie unterschiedlich setzten Sie diese ein, wenn Sie daraus Menschen oder Tiere machten?
Es wäre langweilig gewesen, wenn ich immer nur Menschen gezeichnet hätte. Zusätzlich ist es eine schnelle und einfache Methode, eine fantasievolle Umgebung darzustellen, also zeichnete ich sie häufig, um die Charaktere zu variieren, aber ich denke, dass ich sie relativ selten zeichnete, wenn sie nicht zu ernsten Szenen passten.

Ich habe Tiere seit meiner Kindheit geliebt, und sie zu zeichnen machte mir auch Spaß. Weil ich nicht gerne unter Leute gehe, habe ich sogar mehr Tiere als Freunde.

Was motivierte Sie dazu die Serie so lange fortzusetzen?
Es lag tatsächlich an den Reaktionen von allen, die sie mit Freude lasen, und, weil sie es Wert war. Das sind keine leeren Worte. Ich meine das wirklich so.

Bei Manga muss man von Haus aus viele ähnliche Illustrationen zeichnen. Obwohl es Spaß machte sich so auszudrücken, waren für eine launische Person wie mich also viele Aspekte hart, und ich wollte häufig, dass sie bald endet.

Aus diesem Grund habe ich nicht mehr den Willen, eine wöchentliche Serie zu machen, und kann jetzt nur noch ab und zu eine Kurzserie oder einen One-Shot-Manga zeichnen.

Welche Bedeutung hat Dragon Ball für Sie, Toriyama-san? Welche Unterschiede gibt es zu Ihren anderen Werken, wie Dr. Slump?

Ich denke dieser Manga war eine Art Wunder, da ich mit meiner perversen und irritierenden Art eine respektable Arbeit, die von der Öffentlichkeit Akzeptiert wurde, schaffen konnte. Der Mangaka Masakazu Katsura, den ich schon lange kenne und mit dem ich eng befreundet bin, sagt das immer.

Sowohl die Tankōbon als auch die Anime von Dragon Ball sind auf der ganzen Welt bekannt und werden über Generationen und Grenzen hinweg geliebt. Liegt das daran, dass asiatisches Kung-Fu, "Qi"-Kultur und die Ähnlichkeit zu Die Reise in den Westen im Westen als exotisch angesehen werden, oder hatten andere Elemente größeren Einfluss [auf den Erfolg]? Was ist für Sie der Grund dafür, dass es ein Hit ist?

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, warum das so ist. Während der Serie habe ich einfach immer weitergezeichnet, um japanische Jungs glücklich zu machen.

Nach Dragon Ball sind auch andere japanische Manga und Anime in die weite Welt gezogen. Wie sehen Sie die weltweite Verbreitung japanischer Arbeiten? Wo sehen Sie die Stärken von "japanischen Manga und Anime"?
Manga ist eine Welt, in der dich Kontakte und große Geldsummen nirgendwo hinbringen, und du musst allein mit deinen Fähigkeiten bestehen. Ich glaube, dass die Arbeiten verschiedenster Genres, die von den anspruchsvollen Augen der japanischen Manga- und Anime-Fans akzeptiert worden sind, sich auf einem extrem hohen Level der Massenunterhaltung befinden. Die Tatsache, dass an diesen ausgewählten Arbeiten überall auf der Welt Freude gefunden wird, könnte auf gewissen Weise selbstverständlich sein.

Ihre Autoren reduzieren Schlaf und verschreiben ihr Leben dem Kreieren, ohne an die weite Welt oder große Geldsummen zu denken, weil sie einfach darauf konzentriert sind, Leuten Vergnügen zu bereiten. Ich nehme an, dass diese Reinheit wahrscheinlich ihre Stärke ist.
1 Der Satz könnte auch folgendermaßen gelesen werden: "Was am Ende herauskam, war tatsächlich ein Kinofilm, den ich nicht wirklich als Dragon Ball bezeichnen konnte."





Quelle: kanzenshuu.com

Zuletzt geändert:

Kommentare:

Zurzeit können keine Kommentare zu diesem Post hinterlassen werden.