Interview mit Akira Toriyama aus dem Daizenshū 3
Beitrag von Matt @matt@mtyp.in
Am 4. September 1995 erschien in Japan das dritte der zehn Daizenshū-Bücher, in denen fasst das gesamte damalige Wissen über Dragon Ball von Shueisha-Redaktueren zusammengefasst wurde. "Dragon Ball Daizenshū 3: TV Animation Part 1" enthielt außerdem ein Interview mit Dragon Ball-Autor Akira Toriyama. Diese dritte Runde des "Super Interviews" wurde auch noch einmal in dem am 5. März 2013 in Japan veröffentlichten Chōzenshū 2 abgedruckt.
Bei diesem Super-Interview, Sensei, würde ich Ihnen gerne Fragen stellen, die hauptsächlich die animierte Fernsehserie Dragon Ball (fortan "DB" abgekürzt) betreffen. Als erstes: Sehen Sie sich den DB-Anime im Fernsehen an?
Ja. Ich sehe ihn mir beim Abendessen und Ähnlichem mit meinen Kindern an.
Sehen Sie sich ihn nicht als "Schöpfer", sondern als gewöhnlicher Zuseher an?
Tatsächlich mache ich das. Aber selbst beim Abendessen, denke ich mir zumindest immer noch Dinge wie: "Also so haben sie diese Szene gemacht", also nehme ich an, dass es bei mir wirklich ein wenig anders als bei gewöhnlichen Zusehern ist.
Der TV-Anime enthält originale Abschnitte, die auch ursprünglich aus diesem stammen. Benutzen diese auch irgendwelche Konzepte, die Sie sich ausgedacht haben, Sensei?
Teilweise handelt es sich dabei um Dinge, die an Toei über meinen Redakteur weitergeleitet werden. Wenn andere TV-originale Segmente gesendet werden, lässt es mein Herz höher schlagen. Ungefähr so wie: "Ah, diese Art von Dingen ist auch nett."
Haben Sie von Dingen, die nicht in der originalen Arbeit aufgetaucht sind, in Gedanken ein detailliertes Konzept?
Im Allgemeinen habe ich mir da schon Konzepte ausgedacht, wo ich gedacht habe, dass die Dinge auf eine bestimmte Art sein sollten. Zum Beispiel: Wenn die Geschichte plötzlich um fünf Jahre nach vorne springt, denke ich an Dinge wie: "Während diesen fünf Jahren geschah wahrscheinlich so etwas... "
Haben Sie für TV-originale Charaktere und Ähnliches Ideen herausgegeben?
Für den Abschnitt in dem Goku bei Kaiō-sama trainiert wollten sie einen weiteren Charakter, also dachte ich mir einen Charakter namens "Gregory" aus (siehe S.136).
Stellten Sie irgendwelche besonderen Forderungen, als beschlossen wurde, DB als Anime umzusetzen?
Zuerst sagte ich nichts genaues. Ich bin nicht der Typ, der bei diesen Dingen den Mund weit auf macht, aber nach dem ich es tatsächlich auf Sendung sah, dachte ich, dass sich DB ein bisschen mehr wie ein Märchen anfühlen sollte, also erwähnte ich das ein wenig. Im Grunde überlasse ich die Dinge [Toei] und sage nur ein winzig kleines bisschen, wenn ich unbedingt muss.
Arbeiten Sie auf irgendeine Art und Weise direkt an dem DB-Anime, Sensei?
Es kommt vor, dass eine kolorierte Version eines Charakters früher als in der [Manga-]Serie auftaucht. Dann sende ich meine Stellungnahmen und Derartiges über die Redaktion zu Toei Animation. Ich hörte mir auch die Tonbänder vom Vorsprechen der Synchronsprecher an, und arbeitete daran, zu bestimmen, wer welche Rolle spielen sollte. Zur Bestimmung von Gokus Part hörte ich mir die Stimmen von fünf oder sechs Personen an, und wählte Masako Nozawa-san aus diesen aus.
Was war ihr Eindruck, als Sie Gokus Stimme in der fertigen Ausstrahlung hörten?
"Ah, also so hört sich Gokus Stimme an." Danach hatte selbst ich diese Stimme beim Zeichnen des Mangas im Kopf. In solchen Momenten war Gokus Stimme immer Nozawa-sans Stimme, also dachte ich: "Sie ist gut." Selbst jetzt kann ich Goku nicht von Nozawa-san unterscheiden.
Haben Sie auch [Stimmen für] andere Charaktere ausgewählt, Sensei?
Ich war für die Vergabe der Hauptrollen dort. Kuririns Stimme war die einzige, für die ich die Sprecherin, Mayumi Tanaka-san, anhand des Namens auswählen konnte. Als ich mir Ginga Tetsudō no Yoru1 ansah, erwähnte ich: "Diese Stimme ist wirklich gut", wobei ich den Hauptcharakter meinte, und ein Freund, der sich mit Synchronsprechern auskennt, verriet mir: "Das ist Mayumi Tanaka-san".Haben Sie das Animationsstudio oder die Aufnahmekabine jemals besucht?
Zwei oder drei Jahre nachdem DB in Serie gegangen war, besuchte ich das Aufnahmestudio. Ich beobachtete die Darbietungen und meine ehrliche Meinung war: "Das ist harte Arbeit."
Würden Sie sich gerne am Synchronsprechen versuchen?
Überhaupt nicht!! Keineswegs!! (bricht in Gelächter aus) Meiner Meinung nach ist das definitiv nicht etwas, das ich tun könnte!
Was halten Sie von den "Bewegten Illustrationen" der Animation?
Ich denke mir immer: "Die Animatoren sind unglaublich." Sie müssen dazu in der Lage sein, den Punkt zwischen einer und der nächsten Bewegung zu zeichnen, also denke ich: "Die können Dinge wirklich zeitlich abstimmen." Das kann ich nicht wirklich nachahmen. Also beneide ich sie um die Art, wie sie plötzliche Bewegungen ausdrücken können.
Und von Angriffen und Ähnlichem, das mit Spezialeffekten umgesetzt wird?
Die Tatsache, dass sie Licht benutzen können - die beneide ich wirklich. Bei der Animation kann man einen Lichtblitz für Explosionen und Ähnliches einsetzten und es dann mit Licht und Ton ausdrücken, aber bei Manga hat man keine andere Möglichkeit als es in Buchstaben, wie "KA-", auszuschreiben. Es fehlt ein wenig an Schwung. (lacht)
Also beachten Sie auch die akustischen Aspekte?
Ja! Ich beneide besonders die Tatsache, dass sie Sound-Effekte für Explosionen und Dinge sowie Hintergrundmusik (BGM) benutzen können.
Haben Sie beim Mangazeichnen jemals gedacht: "Diese Art von BGM würde sich für diese Szene gut eignen"?
Tatsächlich nicht. Obwohl ich beim Sehen der [TV-]Ausstrahlung, wenn ich die BGM einer aufregenden Szene höre, denke: "Das ist gut." Bei Manga kann man wirklich nicht einfach etwas wie "La-da-dii-da-daah~" schreiben. (lacht) Man würde sich zum Affen machen. (lacht)
Haben Sie eine Art von Musik, die Ihnen Goku ins Gedächtnis ruft, Sensei?
ich weiß nicht. Ich denke etwas helles, mit fröhlichem Tempo, aber auch mit einem entspannendem Gefühl, trotz des Tempos.
Kommt es vor, dass Sie beim Schreiben eines Manuskripts die Dialoge laut aufsagen?
Ich sage sie nicht auf, aber mir wurde gesagt, dass mein Gesicht unbewusst die Grimasse des Charakters annimmt den ich gerade zeichne. (lacht) Mein Assistent und meine Frau sagen, dass mein Gesicht in Kampfszenen, wenn ein Charakter ein "guwaa"-artiges Gesicht macht, mein Gesicht auch "guwaa" macht. (lacht) Folglich ist danach mein ganzes Gesicht müde. (lacht) Ich denke das kommt daher, dass ich jemand bin, der sich in seiner eigenen Arbeit verliert.
Hatte das animierte DB auch Einfluss auf Ihre originale Arbeit?
Bei Gesprächen mit Toyoo Ashida-san, mit dem ich einmal zusammengearbeitet hatteT1, und beim Ansehen seiner Illustrationen, dachte ich: "Scharfe Linien eignen sich gut um Kämpfe darzustellen." Bis dahin hatte ich Farben immer zusammengemischt, aber danach fing ich an, die Farben getrennt zu lassen, wie bei der Animation. Wenn man die Farben richtig trennt, sollte es den selben Effekt wie das Vermischen haben. Nicht nur das, ich konnte einen scharfen Look mit sauber getrennten Farben, passend zu einem Jungen-Magazin, erzielen und das Kolorieren der Illustrationen wurde einfacher. Also wurde ich sowohl von Ashida-san als auch vom Anime beeinflusst.
Haben Sie jemals internationale Ausstrahlungen des DB-TV-Animes gesehen?
Ich habe sie nie aus erster Hand, aber dafür in Form von Ausschnitten, die in anderen Programmen gezeigt wurden, gesehen. Es wirkte ziemlich merkwürdig, aber ich glaubte auch: "Naja, wieso nicht?" Obwohl ich dachte, dass es wirklich nicht zu Goku passe "Mmmm~, c’est bon~!" zu sagen, wenn er etwas ist. (lacht)
Sehen Sie sich irgendwelche Tokusatsu-Sendungen an?
Als ich das Ginyu-Sonderkommando zeichnete, sahen sich meine Kinder welche an, also schaute ich mit ihnen. Tokusatsu ist ziemlich interessant.
Also waren die Posen des Ginyu-Sonderkommandos von Tokusatsu beeinflusst?
Das waren sie. (lacht)
Sahen Sie sich Animationen an, als sie noch klein waren?
Ich sah mir Sendungen wie “Astro Boy” (Tetsuwan Atom)2 und Tetsu-jin #283 ungefähr bis zur vierten Klasse an. In der zweiten Hälfte der Grundschule gefielen mir Real- und Riesenmonster-Filme, und dann in der Mittelschule kam ich zu den gewöhnlichen Filmen.
Können Sie sich an die erste Animation erinnern, die Sie jemals gesehen haben, Sensei?
Ich kann mich nicht an die allererste Animation erinnern, aber die, die mir am tiefsten im Gedächtnis geblieben ist, ist definitiv Astro Boy. Ich verschickte [einen Brief] für eine Art Preisausschreiben oder Ähnliches und sammelte Astro Boy-Sticker und dergleichen. Danach sah ich Hundertundein Dalmatiner4. Ich erinnere mich, dass die im Film gezeigte Kunst einfach wundervoll war. Abgesehen davon sah ich auch Osomatsu-kun5. Jeder imitierte Iyamis “She—!”-Pose.T2 (lacht) 8-Man6 gefiel mir auch.
Was denken Sie darüber, dass DB ein Maß an Popularität erreicht hat, das mit Astro Boy auf dessen Höhepunkt konkurriert?
Ist das so?
Ja, ist es! (bricht in Gelächter aus) Und jetzt, da Sie mich zum Lachen gebracht haben, werde ich das hier beenden. Vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit genommen haben.
*Die Diskussion zum Anime wird in Daizenshū 5 fortgeführt werden.
(5. Juni 1995 im Hause von Toriyama-sensei)
1Animierter Kinofilm von 1985. Basiert auf dem gleichnamigen Roman von Kenji Miyazawa. Alle Charaktere dieser animierten Version werden als Katzen dargestellt.
2Animierte TV-Serie, die von 1963–66 ausgestrahlt wurde. Basiert auf dem Comic von Osamu Tezuka. Die erste animierte TV-Serie Japans.
3Animierte TV-Serie, die von 1963–67 ausgestrahlt wurde. Wird Japans Ur-"Riesenroboter"-Anime genannt. Basiert auf dem Comic von Mitsuteru Yokoyama.
4Animierter Kinofilm von 1962. Ein Walt Disney-Klassiker. Die Hauptcharaktere sind ein Dalmatiner namens Pongo und seine 15 Welpen. Ein Meisterwerk der Animation von Tieren.
5Animierte TV-Serie, die von 1966–67 ausgestrahlt wurde. Basiert auf dem Comic von Fujio Akatsuka. Ein absurder Comedy-Anime der von den Eskapaden von Sechsling-Brüdern lebt.
6Animierte TV-Serie, die von 1963–64 ausgestrahlt wurde. Basiert auf dem Comic von Jirō Kuwata und Kazumasa Hirai. Ein Science-Fiction/Action-Anime. 8-Man kämpft mit unzähligen Bösewichten um den Frieden herzustellen.
T1Toyoo Ashida war ein Animator, der erstmals mit Toriyamas Werken als Animationsleiter bei Dr. Slump — Arale-chan arbeitete. Die beiden arbeiteten später 1988 beim Anime Kosuke-sama Rikimaru-sama: Der Drache der Insel Konpei (小助さま力丸さま-コンペイ島の竜; Kosuke-sama Rikimaru-sama: Konpeitou no Ryuu), der für das “Jump Anime Carnival”-Event zum 20-jährigen Jump-Jubiläum produziert wurde, zusammen. Von dort soll Toriyama die Inspiration für die anime-ähnliche Schattierung in seinem Manga bekommen haben.
T2Die “She—!”-Pose des Charakters Iyami wurde Mitte der 1960er zu einer regelrechten Modeerscheinung in Japan. Selbst John Lennon machte sie.
2Animierte TV-Serie, die von 1963–66 ausgestrahlt wurde. Basiert auf dem Comic von Osamu Tezuka. Die erste animierte TV-Serie Japans.
3Animierte TV-Serie, die von 1963–67 ausgestrahlt wurde. Wird Japans Ur-"Riesenroboter"-Anime genannt. Basiert auf dem Comic von Mitsuteru Yokoyama.
4Animierter Kinofilm von 1962. Ein Walt Disney-Klassiker. Die Hauptcharaktere sind ein Dalmatiner namens Pongo und seine 15 Welpen. Ein Meisterwerk der Animation von Tieren.
5Animierte TV-Serie, die von 1966–67 ausgestrahlt wurde. Basiert auf dem Comic von Fujio Akatsuka. Ein absurder Comedy-Anime der von den Eskapaden von Sechsling-Brüdern lebt.
6Animierte TV-Serie, die von 1963–64 ausgestrahlt wurde. Basiert auf dem Comic von Jirō Kuwata und Kazumasa Hirai. Ein Science-Fiction/Action-Anime. 8-Man kämpft mit unzähligen Bösewichten um den Frieden herzustellen.
T1Toyoo Ashida war ein Animator, der erstmals mit Toriyamas Werken als Animationsleiter bei Dr. Slump — Arale-chan arbeitete. Die beiden arbeiteten später 1988 beim Anime Kosuke-sama Rikimaru-sama: Der Drache der Insel Konpei (小助さま力丸さま-コンペイ島の竜; Kosuke-sama Rikimaru-sama: Konpeitou no Ryuu), der für das “Jump Anime Carnival”-Event zum 20-jährigen Jump-Jubiläum produziert wurde, zusammen. Von dort soll Toriyama die Inspiration für die anime-ähnliche Schattierung in seinem Manga bekommen haben.
T2Die “She—!”-Pose des Charakters Iyami wurde Mitte der 1960er zu einer regelrechten Modeerscheinung in Japan. Selbst John Lennon machte sie.
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