Zeitreise: Interview mit Akira Toriyama von 2002
Beitrag von Matt @matt@mtyp.in
Am 26. November 2002 erschien die erste Ausgabe des nordamerikanischen Shonen Jump-Magazins (2003 #01).
Neben Manga-Kapiteln von Dragon Ball und Sand Land (Akira Toriyama), Yu-Gi-Oh! (Kazuki Takahashi), YuYu Hakusho (Yoshihiro Togashi) und One Piece (Eiichiro Oda) enthielt diese englischsprachige Erstausgabe auch ein Interview mit Akira Toriyama, der zu diesem Zeitpunkt wohl gerade an den neuen Kanzenban-Covern arbeitete:
Dieses Interview wurde auch in der Spezialausgabe zum 5-jährigen Jubiläum der amerikanischen Shonen Jump von 2008 abgedruckt, die unter anderem über amazon.de käuflich erworben werden kann.Zeichenstil
Wie alt waren Sie, als Sie mit dem Zeichnen anfingen? Was für Dinge haben Sie gezeichnet?
Ich fing mit ungefähr fünf an, Manga-Charaktere von anderen abzuzeichnen, aber erst als ich etwa 22 Jahre alt war, begann ich Manga mit richtigen Handlungssträngen zu zeichnen.
Wovon ließen Sie sich künstlerisch beeinflussen?
Im Alter von sieben bis ungefähr zehn Jahren war ich begeisterter Anime-Zuschauer, bis ich zu Manga wechselte. Ich denke, dass ich von Osamu Tezukas und Walt Disneys Arbeiten, die ich damals ansah, wie Tetsuwan Atom ("Astro Boy") und 101 Dalmatiner, beeinflusst wurde.
Wie wurden Sie Mangaka?
Ich nahm mit einer Geschichte an einem monatlichen Wettbewerb für Amateurkünstler von Weekly Shōnen Jump teil. Sie hatte zwar nicht gewonnen, aber danach meldete sich einer der Redakteure [Kazuhiko Torishima] bei mir, und nachdem ich ungefähr ein Jahr übte wurde ich zum Profi.
Sie haben diese unglaubliche Begabung, alle Dinge dieser Welt in Ihrem eigenen, unverwechselbaren, persönlichen Stil zu zeichnen. Benutzen Sie häufig Referenzmaterial, um Objekte, Orte oder Dinge zu zeichnen?
Ich benutze für Orte fast nie Referenzmaterial, aber für Objekte - wenn es beispielsweise ein bestimmtes Automodell gibt, das mir gefällt - benutze ich ein Buch als Referenz zum Zeichnen.
Was für Zeichenutensilien benutzten Sie für Dragon Ball? Mit welchen Zeichenutensilien arbeiten Sie heute?
Ich bin mir nicht sicher, ob es genau diese Marken in den USA gibt, aber für Dragon Ball benutzte ich G-pens [eine Art von Federschreiber], Kent-Papier [glattem Karton ähnliches Papier aus Japan], wasserfeste schwarze Tinte und farbige Tinte zum Einfärben. Heute benutze ich einen Macintosh für die Kolorierung.Hobbies
Ich habe gehört, dass Sie Jackie Chan-Fan sind. Welcher ist Ihr Lieblingsfilm von Jackie Chan?
Drunken Master (der erste). Hätte ich diesen Film nicht gesehen, wäre ich nie auf Dragon Ball gekommen.
Sind Sie ein Fan von professionellem Wrestling? Ich frage, weil es in Dragon Ball ein paar Wrestling-mäßige Charaktere, wie Mr. Satan, gibt.
Leider bin ich kein wirklicher Fan von professionellem Wrestling.
Was sind Ihre Hobbies? Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Tatsächlich habe ich jede Menge Hobbies, aber beim Modellbau bin ich am längsten geblieben. Besonders liebe ich militärische Modelle.
Ich habe gehört, dass Dragon Ball teilweise von einer Reise nach China inspiriert wurde. Welche von all den Orten, die Sie besucht haben, sind besonders einprägsam? Machen Sie viele Skizzen, wenn Sie verreisen?
Ich war schon an vielen Orten, aber Australien ließ mich eine angenehme Balance zwischen seinen Großstädten und großartigen natürlichen Gebieten spüren, was mich sehr bewegte. Ich skizziere nichts besonderes auf meinen Reisen.Dragon Ball
Wie sahen Ihre Arbeitszeiten von 1984 bis 1995 an Dragon Ball aus?
Die meisten Manga werden in Japan im Shūkan(wöchentlich)-Format gezeichnet, also zeichnete ich jede Woche eine Episode [durchschnittlich 14 Seiten, plus Titelseite]. Für mich war dieses Tempo aber sehr schwierig zu halten und es gefiel mir wirklich gar nicht.
Dragon Ball entwickelte sich von einer Comedy- zu einer Action/Kampf-Serie. Denken Sie, dass sich dabei auch Ihr Zeichenstil verändert hat?
Es fiel mir nicht besonders auf, aber mein Zeichenstil änderte sich mit den Umständen. Aber am Ende mag ich es mehr als alles andere, richtig dumme, absurde Comedies zu zeichnen.
Ich habe gehört, dass viele Handlungsentwicklungen in Dragon Ball von Leserbriefen beeinflusst wurden. Ist das wahr, und, wenn ja, können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?
Teilweise, ja. Zum Beispiel Vegeta: Als er das erste Mal auftauchte war er einfach nur ein Bösewicht, weil er aber sehr beliebt wurde, verblieb er schließlich in der Serie.
Dragon Ball scheint viele Videospiele und Manga beeinflusst zu haben. Von wo bekamen Sie die Ideen für die Angriffe die in Dragon Ball auftauchen, wie dem Kamehameha, oder der Chi-Energie?
Chi [oder "Ki"] wird in China schon sehr lange verwendet, soll aber formlos und unsichtbar sein. Im Manga war es aber notwendig ihm eine Form zu geben, um es für den Leser leichter verständlich zu machen. Für das Kamehameha habe ich selbst jede Menge unterschiedliche Posen ausprobiert und die gewählt, von der ich dachte, dass sie am besten funktionieren würde.
Von wo bekamen Sie die Idee für die Kosmologie/Mythologie/Religion in Dragon Ball, mit Gottheiten wie Kami-sama, Kaiō-sama, Kaiōshin-sama, u.s.w.?
Um ehrlich zu sein, habe ich darüber nicht allzu lange nachgedacht. Zum Beispiel kreierte ich Kaiō-sama ["Herrscher der Welten"] erst, als es durch das fortschreiten der Geschichte notwendig wurde, etwas zu haben, das größer als Kami-sama ["Gott"] ist. Und genau so ging es weiter.
Wieso haben Sie sich dazu entschieden Sciencefiction-Elemente, wie Namekianer, Saiyajin, andere Alien-Rassen und Raumfahrt, einzubauen?
Ich liebe Sci-Fi-Filme. Besonders den ersten Alien-Film, der ist mein Favorit. Ich baute Sciencefiction bei Dragon Ball ein, um den Handlungsspielraum zu vergrößern.
Wie kommen Sie auf Ideen für verschiedene Power-Ups und Transformationen?
Wenn man einen Kampf-Manga zeichnet, tauchen immer wieder immer stärkere Gegner auf. Wenn ein neuer Gegner schwächer als ein vorheriger ist, werden die Leser unzufrieden. Der Hauptcharakter ist aber der selbe Goku, also muss er schnell und immens stärker werden. Transformationen sind eine Möglichkeit dies in einer Zeichnung auszudrücken, die für die Leser leicht zu verstehen ist.
Welcher ist Ihr Lieblingscharakter aus Dragon Ball?
Natürlich ist es Goku. Erstens bin ich eine sehr perverse Person, also fühle ich mich von reinen, unschuldigen Charakteren wie ihm angezogen.
Welcher ist Ihr Lieblingskampf aus Dragon Ball?
Ich kann mich nicht gut an ihn erinnern, aber wahrscheinlich der Kampf mit Piccolo.Toriyama heute
Ich habe gehört, dass Sie Teile von Dragon Ball für eine neue "Perfekte Edition" neu-kolorieren, und vielleicht sogar neu-zeichnen. Wie ist es, Goku und Co. nach langer Zeit wieder zu zeichnen?
Ich habe nichts vom eigentlichen Manga neu-gezeichnet, weil ich sonst bei allem wieder kleinlich werde, nur neue Cover-Illustrationen. Es nach so langer Zeit zum erstem Mal wieder zu zeichnen entfachte eine sehr komplizierte Mischung an Emotionen, die Nostalgie mit dem Gefühl, dass ich Dragon Ball nicht mehr zeichnen will, kombinierte.
Dragon Ball wurde auf der ganzen Welt in viele unterschiedliche Sprachen übersetzt, und scheint eine extrem universelle Anziehungskraft zu haben. Was halten Sie davon, dass es in immer mehr Sprachen übersetzt wird?
Natürlich macht es mich sehr glücklich, aber ich versuche immer noch so wie zuvor zu leben, ohne wirklich darüber nachzudenken.
An welchen neuen Projekten oder Manga arbeiten Sie im Moment?
Derzeit gönne ich mir eine Pause von Manga und befasse mich mit Dingen, die ich immer schon machen wollte, wie Design und Bücher-Illustration.
Was würden Sie den amerikanischen Fans gerne Sagen?
Das Leute im weit entfernten Amerika Fans von Dragon Ball sind, macht mich richtig glücklich. Die Produktion von Comics ist in Japan sehr hektisch, aber es gibt einem auch etwas zurück, weil man sowohl die Geschichte als auch die Zeichnungen ganz allein machen kann. So kann man seine Individualität zeigen. Wenn dir diese Idee zusagt, empfehle ich dir, zu versuchen deinen eigenen Manga zu zeichnen, weil die Leute, die Manga zeichnen können, den Amerikaner wirklich lieben werden, andere Amerikaner wie du sind.
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