Interview mit Akira Toriyama aus dem Daizenshū 5

Beitrag von Matt @Matt@m.bratpfannenberg.com

Am 4. November 1995 erschien in Japan das fünfte der zehn Daizenshū-Bücher, in denen fasst das gesamte damalige Wissen über Dragon Ball von Shueisha-Redaktueren zusammengefasst wurde. "Dragon Ball Daizenshū 5: TV Animation Part 2" enthielt außerdem ein Interview mit Dragon Ball-Autor Akira Toriyama. Diese fünfte Runde des "Super Interviews" wurde auch noch einmal in dem am 5. März 2013 in Japan veröffentlichten Chōzenshū 2 abgedruckt.


Cover des Daizenshū 5: TV Animation Part 2 und des Chōzenshū 2: Animation Guide Part 1
Gab es irgendwelche Veränderungen in der Fan-Gemeinde als Dragon Ball animiert wurde?
Ich spürte es nicht sonderlich stark. Ich dachte nur "vielleicht hat sie sich ein wenig verändert" als die Zahl der Fans der Synchronsprecher und die Zahl der weiblichen Fans zunahm.

Lesen Sie Ihre Fanpost?
Nicht alles davon, aber ich lese sie.

Welche Art von Briefen bekommen Sie am häufigsten?
Mädchen schreiben im Grunde über sich selbst. "Ich bin so und so alt, mit diesem Sternzeichen..." Sie benutzen auch sehr viele Herz-Symbole. (lacht) Jungs sind relativ direkt: "Machen Sie so einen Bösewicht" und ähnliche Dinge.

Setzen Sie solche Meinungen von Fans bei Ihrer Arbeit ein?
Ich setze sie ein, indem ich "die Erwartungen der Fans missachte." Als ich zum Beispiel häufig "Bringen Sie nicht Vegeta um" hörte, brachte ich ihn absichtlich um. (lacht)

Ich möchte mit Ihnen über den Dragon Ball Z-TV-Anime sprechen. Die Geschichte hat die letzte Hälfte erreicht: Hat bei Ihnen davon irgendetwas einen bleibenden Eindruck hinterlassen?
In Szenen in denen Goku, Gohan und Goten alle gleichzeitig auftauchen spricht Masako Nozawa-san alle drei Rollen selbst. Als ich das von meinem Redakteur erfuhr, dachte ich: "Das ist unglaublich!" Wenn sich die drei Stimmen der Charaktere überschneiden kann auch sie das natürlich nicht schaffen, aber, wenn ihre Rollen einzeln sprechen, höre ich, dass sie ihre Stimme dafür spontan verstellt. Und dann hörte ich "Sie spricht den jungen Gohan und Goten tatsächlich mit zwei unterschiedlichen Stimmen", was mich umso mehr begeisterte. Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, dass sie Gohans Stimme als Teenager etwas erwachsener machen würde und Gohans alte Stimme für Goten verwenden würde, aber sie ist eine vollkommen eigenständige Stimme.

Dann unterscheidet sich Gokus alte Stimme wahrscheinlich auch von der des jungen Gohan und von der des aktuellen Goten.

Das ist wahrscheinlich so. Gokus alte Stimme klingt für mich schadenfroher.

Waren in Ihrem Kopf, Sensei, die Stimmen von Gohan und Goten ebenfalls die von Nozawa-san?
Ich fragte mich tatsächlich, wie sie das lösen würden, aber dann hat Nozawa-san sie einfach gesprochen und ich dachte "Gohan und Goten sind also doch auch Nozawa-san."

Gleichermaßen übernimmt Takeshi Kusao-san Teenager-Trunks und den jungen Trunks, nicht wahr?
Es war schwierig eine Stimme für den jungen Trunks zu finden. Tatsächlich wandte sich der Produzent bei Toei Animation mit folgenden Worten an die Redaktion: "Vielleicht wäre es besser, wenn wir den Sprecher einfach austauschen würden." Die [Manga-]Serie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet, also würde die Geschichte vielleicht noch so weit voranschreiten, dass der junge Trunks das Alter des Teenager-Trunks, der zurück in die Zukunft gereist war, erreicht. Es wäre also merkwürdig gewesen, die Stimme auszuwechseln. Am Ende bekam Kusao-san die Rolle und die Lage entspannte sich. Nachdem ich ihn zwei, drei Mal gehört hatte, dachte ich: "Das passt doch perfekt."

Mit dem Auftauchen von Goten und dem jungen Trunks wurden anscheinend auch häufiger Gags in Kampfszenen und Ähnlichem eingebaut.
Das ist eine Methode "meine Schwäche zu verstecken". (lacht) Wenn es zu dramatisch wird und es ausschließlich ernste Entwicklungen gibt, dann fühlt es sich so an, als würde mein Blutdruck hochgehen, und persönlich mag ich so etwas auch nicht besonders. Ich denke, dass Comics ausschließlich der Unterhaltung dienen.

War die Fusion dafür ein typisches Beispiel?
Es machte wirklich Spaß sie zu zeichnen. Zum ersten Mal seit langem konnte ich etwas mit so einer heiteren Stimmung zeichnen.

Haben Sie die Fusion tatsächlich selbst ausprobiert?
Das habe ich! (lacht) Ich verstand die Handbewegungen nicht, fragte mich selbst "So richtig?" und murmelte "Ich frage mich, wie viele Schritte es sein sollten." Man versteht es, wenn man tatsächlich versucht die Fusion-Pose zu machen, aber man bewegt sich wirklich ungefähr drei Schritte weit.

Haben Ihre Kinder zu Hause es auch gemacht?

Das haben sie. Sie hatten anscheinend Spaß mit der Fusion.

Teilen Ihnen Ihre Kinder irgendwelche Gedanken oder Ähnliches mit, wenn sie die Serie im Fernsehen sehen?
Ihm (Toriyama-senseis Sohn) scheint es bewusst zu sein... zumindest scheint er zu verstehen, dass ich Dragon Ball zeichne, aber er scheint nicht ganz zu kapieren, dass ich nicht das mache, was im Fernsehen gezeigt wird (Animations-Cels und Ähnliches). "Papa, wieso habe ich dich noch nie so etwas zeichnen sehen, obwohl es dein Job ist?" Also muss ich es ihm erklären: "Das wird von einer anderen Firma gezeichnet." In letzter Zeit scheint er es jedoch verstanden zu haben.

Übrigens: Spielen Sie Videospiele?

Ich spiele ein wenig. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich bei Katsura-kun (Masakazu Katsura-sensei) zu Hause das PlayStation-Spiel Tekken gespielt. Ich bin darin aber sehr schlecht. Ich werde Ihnen jedoch nicht die genauen Ergebnisse verraten. (lacht) Ich mag Kampfspiele nicht besonders.

Welche Art von Videospielen mögen Sie?
Ich habe früher als ich jünger war viele Rollenspiele gespielt, aber, wenn man ein RPG einmal begonnen hat, braucht es sehr viel Zeit. Also mag solche Action-Game-ähnlichen, bei denen man sich einfach hinsetzen und Spielen kann. Vor kurzem habe ich mit meinen Kindern Super Donkey Kong gespielt. Als mich Katsura-kun zu Hause besuchte, erwähnte ich: "Verdammt, ich kann das Ende einfach nicht erreichen", also sagte er: "Dann werde ich an deiner Stelle bis zum Ende kommen!" Er ist ein echter Gamer. (bricht in großem Gelächter aus)

Sie sind mit Katsura-sensei eng befreundet, oder?
Als ich Katsura-kun kennenlernte trug er noch eine Schuluniform. Also, ja, wir stehen uns ziemlich nahe.

Gibt es etwas, das sie lieber mit dem Medium der Animation als in Form von Comics erledigen würden?
Mit Animationen kann man bis zu einem gewissen Grad alles machen, also würde ich mir gerne eine originale Geschichte für eine Animation ausdenken, die ich dann animieren lassen würde. Daran denke ich fast die ganze Zeit.

Ich habe gehört, dass sie Spielsachen mögen.
Ja. Ich gehe immer in den Spielzeugladen und habe sogar ein Zimmer voller Plastikmodelle.

Sind das die, die noch nicht fertig gebaut sind?
Plastikmodelle muss man sofort kaufen, da die Produktion sonst bald eingestellt werden könnte. Also kaufe ich sie mit dem Gedanken "Wenn ich es nicht tue und mich später einmal doch dafür entscheide, es zu bauen, werde ich Pech haben." Ehe ich mich versah war ich in dieser Lage. (lacht)

Wie denken Sie darüber, wenn Ihren eigenen Charakteren drei Dimensionen verliehen werden?
Ein dreidimensionales Objekt basierend auf einem zweidimensionalen Charakter anzufertigen unterscheidet sich davon ein dreidimensionales Objekt basierend auf einer realen Person anzufertigen. Deswegen würde ich mir dann Sorgen, wie beispielsweise "realistisch gesehen sind solche Nasenlöcher unmöglich", machen. Bei Mecha ist das anders: Nachdem ich für "Gulliver Boy" das Flugzeug "Lady Bee" designt hatte und es in drei Dimensionen sehen konnte, erkannte ich, dass es möglich ist es logisch zu designen: "Hier kann man einsteigen, und dieser Abschnitt leuchtet auf."

Wie sieht es mit Mecha in Bewegung, als Animation, aus?

Mir gefällt der "Mecha in Bewegung "-Aspekt von Animationen. Ich werde besonders bei Szenen in denen sie unterschiedlichste Bewegungen machen neidisch, weil [ihre Bewegungen] in Comics limitiert sind.

Unterscheidet sich der Design-Prozess von Videospiel-Charakteren von dem Erdenken der Charaktere für Comics oder Animationen?

Es ist tatsächlich anders.

Selbst bei Dragon Quest gibt es große Unterschiede zwischen Charakteren für das Fernsehen und Charakteren für Videospiele, oder?
Wenn daraus am Ende ein Videospiel werden soll, werden die Charakter-Sprites klein sein, also kann man die Design-Illustrationen relativ komplex gestalten. Man muss sie später nicht in Form eines Comics entwickeln und sie werden auch nicht als Teil einer Animation gezeichnet werden, also kann man das "es wäre anstrengend, wenn ich es so machen würde" ignorieren. Man muss ihnen nur ein Design mit einem charakteristischen Merkmal geben, sodass man den Charakter selbst dann erkennen kann, wenn er klein ist. Bei Animationen ist es denke ich ähnlich. Zum Beispiel macht man eine Person schwarz, eine braun und eine lila. Bei Comic-Charakteren vermeide ich Rasterfolie, weil sie so umständlich ist, aber bei Animation würde ich sie bewusst einsetzen, um die Besonderheiten [der Charaktere] hervorzuheben.

Wie bei Charakteren mit viel durchgängigem Schwarz?
Ja, wie bei Charakteren mit viel durchgängigem Schwarz. (lacht) Für Spiele entwerfe ich Kleidung und Dinge bei denen ich denke: "Das könnte problematisch werden, wenn ich alles selbst zeichnen müsste." Also zeichne ich für Animationen eine Art Kompromiss zwischen Videospiel und Comic, damit die Animatoren nicht zu sehr belastet werden.

Erdenken Sie sich Charaktere in Farbe?
Im Grunde stelle ich sie mir als einfarbig vor. Dann, während ich darüber entscheide, ob "es diese Art von Charakter" ist, entwickelt sich in meinem Kopf eine Vorstellung von der Farbgebung. Diese unterscheidet sich jedoch manchmal von dem tatsächlichen Ergebnis der fertigen Kolorierung.

Werden Sie manchmal von dem Anime-Team gefragt, welche Farbe Dinge haben, die im Originalwerk nicht in Farbe gezeigt worden sind?

Ja. Am Ende von Dragon Ball gab es nicht allzu viel, aber von der "Cell Game"- bis zur "Buu"-Saga gab es [zuerst] keine Farben und ich wurde gefragt: "In welcher Farbe sollen wir das machen?" Es ging also hin und her, wobei sie es so kolorierten, wie sie es wollten, und ich ein paar Korrekturen durchführte.

Die letzte Frage: Ich habe gehört, dass die TV-Ausstrahlung von Dragon Ball mit einer originalen Geschichte fortgesetzt werden soll. Wie denken Sie darüber?
Ich werde jetzt nichts von der Geschichte verraten, also sage ich nur, dass ich davon begeistert bin und: "Ich kann sie als einfacher Zuschauer genießen!" Freut euch bitte auch alle darauf!!

(5. Juni 1995 im Hause von Toriyama-sensei)





Quelle: kanzenshuu.com

Zuletzt geändert:

Kommentare:

Zurzeit können keine Kommentare zu diesem Post hinterlassen werden.